Was ist der Unterschied zwischen japanischen Jiu-Jitsu-Stilen
und dem Jiu-Jitsu brasilianischer Gattung?
11.03.2023
Andi Fachtan
11.03.2023
Andi Fachtan
Das was wir heute im breiten Spektrum unter Jiu Jitsu (inkl. internationaler Schreibweise: Ju Jitsu / Ju Jutsu) vestehen, wurde von der Schule um Kano Jigoro um das Ende des 19ten Jahrhunderts geprägt. Vom Mittelalter bis wenige Jahre davor war es mehr ein weites Arsenal von Techniken mit und ohne Waffen – schwerpunktmäßig konzipiert für das Schlachtfeld der Samurai. Ziel war es jedoch bereits damals dem Gegner in der Nahdistanz Schaden zuzufügen, wenn der Einsatz von Distanzwaffen wie Schwertern nicht möglich war.
Mit der voranschreitenden Globalisierung und Erschließung neuere Handelsrouten um 1900 wurde das Jiu Jitsu in die Welt hinaus getragen. Dort mischte es sich oft mit lokalen Stilen (wie Catch Wrestling, Ringen, etc.) und wurde entsprechend der nationalen Gegebenheiten angepasst bzw. adaptiert. Blieb der Fokus bei vielen JJ-Stilen auf Selbstverteidigung (SV), benannte Kano seinen eigenen Stil bald darauf in (Kodokan) Judo um und fokussierte sich auf die Etablierung als Wettkampfsport. An den grundlegenden Techniken änderte das somit sich nichts, jedoch aber der Schwerpunkt auf Würfe und Pinnen des Gegners.
In den unterschiedlichen Ländern in es Einzug gehalten hatte, hielt sich zumeist die Bezeichnung Jiu Jitsu – besonders da, wo der SV-Fokus blieb oder die eigenen Adaptionen tiefgreifender waren. So zum Beispiel im Brasilien der 1920er Jahre, wo die Brüder Carlos und Helio Gracie es von Mitsuyo Maeda gelernt hatten. Angepasst an die raue Realität von Straßen- bzw „Vale Tudo„-Kämpfen stand der Fokus bald auf Griff- und v.a. Bodenkampf und man verfeinerte die Techniken über die Jahre. Das Gracie- bzw. Brazilian Jiu-Jitsu (BJJ) war geboren. Jahrzehnte später hatte man eines der effektivsten und technischsten Kampfsportsysteme der Welt geschaffen, welches sich bis heute (familienunabhängig) weiterentwickelt.
In den frühen 1990er Jahren wurden daraus auch die Mixed Martial Arts (MMA) und das größte MMA-Turnier, die Ultimate Fighting Championships (UFC) geboren. Aber das ist eine andere Geschichte…
Randnotizen:
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[Ausarbeitung von Jörg Gerdes]
Aiki Jiu-Jitsu
• Begründung:1185- 1336 (Kamakura-Periode)
• Begründer: Shinra Saburo Yoshimitsu
• Eine Weiterentwicklung des Daito ryu Jiu-Jitsu und Vorläufer des Aikido.
Daito ryu Jiu-Jitsu
• Betont: Wurf- und Grifftechniken
• Ursprungssystem des Aikido
Kodokan Jiu-Jitsu (Judo)
• Hauptsächlich entstanden aus: Tenshin Shinyo ryu und Kito ryu Jiu-Jitsu
Goshin-Jitsu (Kodokan Goshin Jiu-Jitsu)
• Begründet: Um 1930
• Begründer: Tatsu Tanaka
• Entwickelt als Ergänzung zum Judo, zur Selbstverteidigung.
Dabei wurden Schlag- und Trittechniken auf empfindliche Stellen des Körpers (Atemi-Waza) und Kuatsu (Die Kunst der Wiederbelebung und Ersten Hilfe) gelehrt.
Das Kodokan Goshin Jiu-Jitsu wurde später wegen der unrealistischen SV-Techniken nicht mehr ausgeübt.Das Einzige was vom Goshin Jitsu übrig geblieben ist, ist die 1958 in den Prüfungslinien vom
Kodokan festgelegte Goshin-Jitsu-No-Kata, welche die Judokas auch heute noch zu Ihrer Dan-Prüfung laufen.
Hakko ryu Jiu-Jitsu
• Begründet: 1930 – 1941
• Begründer: vom Arzt Okuyama Ryuho
• Betont: Wurftechniken aus dem Stand (Tachi waza) und aus der knienden Position (Suwari waza).
Wird heute in Japan noch in ein paar kleinen Schulen gelehrt.
Jikishin ryu Jiu-Jitsu
• Dieser Kampfstil gilt als Vorläufer des heutigen Kodokan-Judo
Hojo – Jiu Jitsu
• Die Kunstfertigkeit, einen Gegner zu fesseln bzw. Durch Grifftechniken unbeweglich zu machen.
Hotei – Jiu-Jitsu
• Frühere jap. Zweikampfmethode, beeinflußt von dem chinesischen Po-Ting-Shu
Kakuto Jiu Jitsu
• Frühere jap. Zweikampfmethode, beeinflußt von dem chinesischen Chiao-Ti-Shu
.
Katori ryu Jiu-Jitsu
Kito ryu Jiu-Jitsu
• Begründung: Um 1640
• Begründer: Terada, Funkuno und Ibaraki
• Betont: Wurftechniken
Koden ryu Jiu-Jitsu
• Begründet: Im 7.Jahrhundert Jap. Zweikampfkunst koreanischen Ursprungs.
Kogusoko Jiu Jitsu
• Frühe Form des feudalen Jiu Jitsu. Technik zur Ergreifung und Festnahme.
• Zwischen 1711 und 1716 literarisch erwähnt von: Shigetaka Hitaka im „Honcho Bugei Shoden“ der Geschichte der militärischen Künste in Japan.
Koshi – mawahri Jiu Jitsu
• Antikes jap. Jiu Jitsu Ringen
Kosho ryu Jiu Jitsu
• Wird heute in Japan noch in ein paar kleinen Schulen gelehrt
Kumi – uchi Jiu Jitsu (Yoroi kumi uchi)
• Ursprüngliche militärische Ringkampfkunst in Rüstungen, gilt als möglicher Vorläufer des Jiu Jitsu
Shinto ryu Jiu Jitsu
• Begründet: Um 1660
• Begründer: Fukuno, Masakatsu Hichirouemon
Shinto Yoshin ryu Jiu-Jutsu
Shira uchi Jiu Jitsu
• Stilrichtung des feudalen Jiu Jitsu
Sho Sho ryu Jiu Jitsu
• Eine der ältesten klassischen jap. Jiu Jitsu Stilrichtungen
Shubaku Jiu Jitsu
• Stilrichtung des feudalen Jiu Jitsu
Take (no) uchi ryu Jiu Jitsu
Tenshin – Shinyo Yawara
• Begründer: Sadayashi Hirozaemon Terada
• Schule und Stilrichtung des Yawara
Tenjin Shinyo ryu Jiu-Jitsu
• Begründer: Iso Mataemon (auch bekannt unter Masatari Yanagi) der auch für seine Atemi -Techniken bekannt war
• Betont: Wurf- und Grifftechniken
Tori te Jiu Jitsu
• Veraltete Form des frühjap. Waffenlosen Zweikampfes während der Edo-Periode
Wa Jitsu (Kunst der Übereinstimmung von gegenseitigen Bewegungen)
• Stilrichtung des feudalen Jiu Jitsu
Yagyu Shinkan ryu Jiu Jitsu
• Begründet: Um 1600
• Begründer: Samurai Ushu Takewaki
• Unbewaffnete Zweikampfkunst
Yawara Jiu-Jitsu (Yawara Kai = weich, zart nachgebend)
• Betont: Druck auf empfindliche Körperstellen
• Älteste jap. Selbstverteidigungskunst Vorläufer des antiken jap. Jiu Jitsu.
• Nachgewiesen und erwähnt schon im 11. Jahrhundert in dem Manuskript „Kojaku Monogatari“ (Alte und neue Geschichten Japans)
• Die jap. Kanji Zeichen für Yawara können auch als Jiu Jitsu gedeutet werden
Yorimoto ryu Jiu Jitsu
• Begründer: Minamoto No Yiromoto (1147 – 1199)
• Antike jap. Jiu Jitsu Schule
Yoshin ryu (Weiden Herzschule) Jiu-Jitsu
• Begründer: Akiyama Shirobei Yoshitoki
• Betont: Schläge und Tritte
• Stilrichtung des feudalen Jiu Jitsu
Gajin Jiu Jitsu
• Bezeichnet der Japaner (etwas abfällig) für das Jiu Jitsu der in Japan lebenden Ausländer
Nihon Jiu Jitsu
• Bezeichnung um das klassische Jiu Jitsu vom Jiu Jitsu der Ausländer abzugrenzen.
Judo-Do
• Begründet: 1947
• Begründer: Prof. Julius Fleck (Österreich) (* 29.06.1894 – 01.05.1967)
Prof. Julius Fleck und verschiedenste Mitarbeiter:
Kohlbauer, Lübke, Neufeld und später Klingerstorff, J.Ebetshuber, W.Strauß entwickelten das Judo-Do.
Prof. Fleck erhielt für diese Leistung die Auszeichnung des Fujiyama-Ordens des Judokai (Vorgänger Organisation des WJJC). Josef Ebetshuber erhielt diesen Orden 1950 von Prof. Fleck. – Dieser Orden wird im Idokan Europa e.V. heute noch gepflegt.
Der IDOKAN wurde ursprünglich von Prof. Wally Strauß in Australien gegründet.
Prof. Strauß war ein Nachfolger von Julius Fleck und entwickelte Judo-Do weiter zum Ido (Flecks Name für die Judo-Do Meistergrade). Das Ido wird heute im Idokan gelehrt und verbreitet.
Das Judo-Do wird heute noch von Franz Strauß, 10. Dan mit den althergebrachten Judo-Do Würfen im ÖJJB praktiziert.
Baron Klingerstorff veröffentlicht 1951 ein Buch über das Judo/Judo-Do.
Dieses ist auch in Englisch und Französisch gedruckt worden, ein Exemplar soll auch in der Bibliothek des Kodokan zu finden sein.